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Experteninterview: Erkenntnisse zum Thema Food Addiction

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Experteninterview: Erkenntnisse zum Thema Food Addiction
Das Thema Food Addiction beschäftigt derzeit die Forschung. Aber was versteht man eigentlich unter diesem Begriff? Dr. Thomas Ellrott vom Institut für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen liefert Antworten im Interview.
Gesuendernet.de: Herr Dr. Ellrott, der Begriff Food Addiction ist neu. Was kann man sich darunter vorstellen?
Dr. Thomas Ellrott: Der Begriff Food Addiction wurde in Analogie zu klassischen Suchterkrankungen geschaffen, weil es Parallelen zu übermäßigem Nahrungsmittelkonsum und suchtartigem Verhalten gibt. Wobei das Wort suchtartig eine von vielen Übersetzungsmöglichkeiten des amerikanischen Ursprungsbegriffs Addiction ist. In puncto Food wäre das verwandteste deutsche Wort Lebensmittel; aber Food meint mehr, weil die emotionale Komponente hierbei eine große Rolle spielt. Zurzeit sprechen wir in Deutschland von suchtartigem Lebensmittelverhalten. Was Food Addiction genau ist, kann man zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch gar nicht genau definieren. Wir haben dazu aber gerade eine Studie abgeschlossen, die bald veröffentlicht wird.

Gesuendernet.de: Worum ging es denn in der Studie?
Dr. Thomas Ellrott: Im Rahmen der Studie wurden verschiedene Erklärungsansätze erforscht, warum wir eine derart hohe Zahl an Adipositas in den westlichen Industrienationen haben. Der Ansatz Food Addiction ist ein vergleichsweise neuer Ansatz. In der Historie ist es so, dass es klassische Suchterkrankungen gibt, die gut definiert sind – nämlich im DSM, dem diagnostischen Manual für psychische Störungen.

Dort gibt es vier Hauptaspekte und elf untergeordnete Symptome, die erfüllt sein müssen, damit man die Diagnose Suchterkrankung erhält. Der erste Hauptaspekt ist Kontrollverlust, der zweite soziale Beeinträchtigung, der dritte selbst- und fremdgefährdender Gebrauch und der vierte sind pharmakologische Aspekte. Die Food-Addiction-Studie fußt auf Basis der DSM-Kriterien, die man auf Lebensmittel übertragen hat – entstanden ist daraus ein Fragebogen mit 30 Fragen.

Gesuendernet.de: Aus denen man vermutlich die Diagnose entsprechend ableiten kann. Welche Kriterien müssen denn erfüllt sein, damit man von einer Food Addiction spricht?
Dr. Thomas Ellrott: Von den amerikanischen Kollegen, die die Skala entwickelt haben, gab es folgenden Vorschlag: Wenn zwei von elf Symptomen erfüllt sind und gleichzeitig eine klinische Beeinträchtigung vorliegt, kann man von Food Addiction sprechen. Wir haben den Fragebogen im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe an 1.034 Teilnehmer in Deutschland versendet.

Gesuendernet.de: Und was war das Ergebnis der Studie?
Dr. Thomas Ellrott: Es kam heraus, dass theoretisch 7,9 Prozent der deutschen Bevölkerung die Diagnose Food Addiction hat – also ungefähr jeder Zwölfte. Adipositas als Epidemie kann das allerdings nicht erklären, dafür ist die Zahl von 7,9 Prozent zu niedrig. Auffällig war zudem, dass Menschen mit einem besonders hohen oder besonders niedrigen BMI häufiger betroffen waren als Menschen, die einen normalen BMI aufweisen.

Gesuendernet.de: Was heißt theoretisch? Was können Sie aus dem Studienergebnis zum Thema Food Addiction ableiten?
Dr. Thomas Ellrott: Was wir in der Forschung derzeit diskutieren: Ob Food Addiction eine Facette der Essstörung ist, weil es hier große Überlappungen gibt. Die Diagnose an sich ist aber noch sehr schwammig. In Zukunft gilt es zu klären, ob Food Addiction eine eigenständige Diagnose oder eine Untermenge klassischer Essstörungen darstellt. Es ist also noch kein offizielles Krankheitsbild. Aus diesem Grund gibt es auch noch keinen Therapieansatz.

Gesuendernet.de: Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Ellrott!

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